25 Dezember 2005

Schoene Bescherung!

Es begab sich aber zu der Zeit, dass die Sonne unterging im Lande der Lao und dass die Daemmerung kroch durch die schmutzigen Strassen der Hauptstadt. Da sass ein grosser Mann auf einem Stuhl vor einem Haus, vor sich einen Rucksack mit all seiner Habe, und wartete. Und auf die Daemmerung folgte die Dunkelheit, matt erhellt durch elektrisches Licht. Der Mann, der da wartete, wurde langsam ungeduldig. Er wollte fort aus dem Lande der Lao, dorthin, wo Charly im Dschungel wohnt. Und er wartete auf einen kleinen Bus, der ihn zu einem grossen Bus bringen sollte. Und er wartete und wartete.
Nicht weit von ihm sass eine Gruppe kleiner brauner mandelaeugiger Maenner und Frauen vom Volke der Lao, die da redeten miteinander in der Dunkelheit. Und von Zeit zu Zeit sah der Mann Augen und Zaehne aufblitzen und Finger in seiner Richtung zeigen. Doch die Zeit verging und nichts weiter geschah. Und statt des Knatterns eines Motors hoerte er das Lachen der kleinen braunen Maenner und Frauen.
Da wandte er sein Gesicht gen Himmle und sprach leise, wie zu sich selbst: "HErr, schenke mir Geduld, denn ich weiss, dass die Zeit im Lande der Lao anders vergeht als in meiner kalten Heimat fern im Norden." Doch der HErr antwortete nicht, denn sein Sohn hatte ihn zu seiner Geburtstagsparty eingeladen.
Da ward es dem Manne zuviel. Er schulterte den Rucksack mit all seiner Habe und ging schnellen Schrittes, Zornesroete im Gesicht, zum Buero des Mannes, der ihm die Fahrkarte verkauft hatte. Der kleine, braune Tourismus-Manager sah ihn erschrocken an, denn er erinnerte sich an den grossen Mann aus dem Lande fern im Norden und waehnte ihn in einem grossen Bus. Wie gross war das seine Verblueffung, ihn hier vor sich zu sehen.
Er nutzte nun intensiv den Telefonapparat, und mit jedem Anruf wurde seine Miene duesterer. Es gab keinen Bus mehr ins Land Viet und der grosse Mann hatte kein Dach ueber dem Kopf zur Nacht, aber eine grosse Wut im Bauch. Da versprach der Tourismus-Manager in seiner Angst, ein Hotel fuer ihn zu suchen, auf dass er eine Bleibe habe, einen Platz, wo er sein muedes Haupt zur Ruhe legen koenne. Und so zogen der kleine braune und der grosse Mann mit dem Rucksack durch die Stadt - doch siehe, es war kein Platz in den Herbergen des Niedrigpreissektors.
Da entschloss sich der kleine Mann in seiner Guete, mehr Geld auszugeben und in kuerzester Zeit war eine Bleibe gefunden, aus der sogar das Wasser auf Wunsch warm aus einem Rohr in der Wand sprudelte. Der kleine und der grosse Mann aber verabschiedeten sich voneinander mit der Absicht, sich am naechsten Tage wiederzusehen, auf dass der grosse Mann endlich seine weite Reise antreten koenne - nun wissend, dass die Zeit im Lande der Lao meist doch nicht viel anders geht, als im Lande der Puenktlichen im hohen Norden.
Der grosse Mann jedoch betrat schliesslich ein Lokal, liess sich von der Kellnerin den landestypischen Gerstensaft bringen, erhob sein Glas - und sah, dass es gut war.