29 Dezember 2005

Der Wolkenpass

Regenzeit in Hue! Fahrrad- und Motorradfahrer verstecken sich unter feuchtglaenzenden Regencapes. Die Tropfen machen "Klack!" auf Wellblech und Autos, "Platsch!" in Pfuetzen und Rinnsalen, "Klock!" auf der Kaputze meiner Regenjacke. Das Geraeusch des Regens mischt sich mit dem Knattern des Verkehrs. Regenzeitmusik in moll. Der graue Himmel spiegelt sich in den grauen Fluten des Parfuem-Flusses. Es ist an der Zeit, Hue zu verlassen.
Eine Armada von Bussen faehrt Richtung Sueden. Der Wolkenpass, kurz vor Da Nang, ist die Klimagrenze, die Nord- und Suedvietnam voneinander trennt.
Der Wolkenpass!
Die Armada schraubt sich nach oben. Der Himmel haengt in den Bergen. Der Bus durchdringt eine Nebelwand. Waschkueche, dann ploetzlich - strahlende Sonne. Lachende Kinder mit wehenden roten Pionierhalztuechern stehen an der Strasse, lachen und winken. Weisse Friedenstauben flattern in den azurblauen Himmel ... so zumindest habe ich es mir vorgestellt, aber der Himmel scheint eher dunkler geworden zu sein. Und das kann nur eins bedeuten: der Wolkenpass liegt noch vor uns. Ich habe recht.
Das Meer zur Rechten, neue Berge voraus. Wieder nach oben, wieder durch Wolken. Eine Passstrasse. Kann das sein? Ist der Himmel wirklich heller geworden? Die Frage muss nach Hinten gestell werden, denn es geht durch einen Tunnel, einen ganz besonders langen Tunnel und mehr als das Klima beschaeftigt mich ploetzlich die Frage: Was passiert, wenn mitten im Tunnel ein Oeltransporter mit einem Castorbehaelter zusammenstoesst? Werde ich rechtzeitig den Notausgang erreichen? Wird die Sicherheitstuer schlell genug offen sein? Werde ich unverletzt durch den Nottunnel nach draussen klettern koennen? Und wie wird das Wetter draussen sein?
Die letzte Frage wird dann endlich beantwortet, als wir den Tunnel nach etwa 20 Minuten verlassen. Ein grandioser Anblick! Ueber dem Wolkenpass stossen die Regenwolken aus dem Norden mit den Regenwolken aus dem Sueden zusammen und geben direkt an der Beruehrungslinie die Sicht auf ein paar wenige Stuecken blauen Himmel frei ... aber Da Nang und das Meer sind grau.
Regenzeit in Hoi An.
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Informationen
Vor etwa einer Stunde bin ich in Hoi An angekommen. Es regnet nicht, aber der Himmel ist grau - und ganz ehrlich: das Wetter ist mir relativ egal. Ich habe trotzdem jede Menge Spass und sehe mir viele interessante Sachen an.
Uebrigends: gestern abend habe ich mit Norex aus Leipzig in Hue ein Bierchen getrunken. Die Welt ist klein.
Noch was: Offenbar ist es nicht moeglich, meinen Blog in Vietnam aufzurufen. Ich kann zwar Texte schreiben, mir die fertige Seite aber nicht ansehen. Moeglicherweise werden Blogseiten von der Regierung gesperrt, das sich hierueber eine Opposition organisieren koennte. Fuer mich bedeutet das konkret, dass ich mir Eure Kommentare nicht ansehen kann. Wenn Ihr mir etwas mitteilen wollt, dann nutzt bitte meine yahoo-email-Adresse.